LG Halle: Portrait eines Mädchens darf nicht ausgestellt werden

  • Das Gemälde der Künstlerin Julia Wegat mit dem Titel „Rapunzel 4“ darf nicht länger ausgestellt werden. Es zeigt ein skeptisch blickendes junges Mädchen an der Schwelle zur Pubertät im roten Tanktop, das mit dem rechten Arm seinen eingegipsten rechten Arm abstützt. So hat das Landgericht Halle im Juni 2016 entschieden (20. Juni 2016 Az. 104C 1142/15) und damit das Urteil des Amtsgerichts Halle bestätigt (19.11.2015 Az. 104C 1142/15).

    Das Bild ist Teil eines Zyklus mit Märchenmotiven, in denen Angst und Schrecken von Kindern thematisiert werden. Wegat, Schülerin des Hyperrealisten Gottfried Helnwein, malte es 2010 und portraitierte dabei mit dem Einverständnis der Eltern das junge Mädchen Julia L.

    2013 wurde das Gemälde innerhalb der Ausstellung „Märchenbilder“ in der Halleschen Villa Rabe ausgestellt. Im Ausstellungskatalog werden ihre Bilder als Auseinandersetzung mit „Themenvon Missbrauch, Gewalt, Verlassenheit und Sehnsucht“ interpretiert.

    In der katholischen Wochenzeitung „Tag des Herrn“ erschien eine Ausstellungsbesprechung unter der Überschrift „Öffentlichkeit für ein Tabuthema“, illustriert mit einer Abbildung des Gemäldes „Rapunzel 4“.

    Das sahen die Eltern des Mädchen und es missfiel Ihnen, dass das Portrait ihrer Tochter in den Zusammenhang von Missbrauch gerückt wurde. Sie verlangten, dass Julia Wegat das Bild ihrer Tochter nicht mehr zeige und von ihrer Webseite lösche.

    Nachdem Wegat sich weigerte, klagen die Eltern vor dem Amtsgericht Halle und bekamen Recht. Nach Auffassung des Gerichts wurde durch den Kontext , in dem das Bild gezeigt wurde, der Eindruck vermittelt, das Mädchen sei Opfer von häuslicher Gewalt und Missbrauch in der Familie geworden.

    Auch das Revisionsverfahren im Juni 2016 beim Landgericht verlor Julia Wegat. Das Gericht begründete sein Urteil mit dem Vertragsrecht, das in besonderen Fällen kündbar sei.

    Die Künstlerin malt seit der Urteilsverkündung keine Bilder mehr. Sie startete eine Petition im Internet und schrieb Verbände und Abgeordnete an. Am 21.07.2016 legte sie gegen das Urteil des Landgerichts Halle Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung der Artikel 5 III GG, Kunstfreiheit und Artikel 12 I GG, Berufsfreiheit ein. Ob die Klage zugelassen wird, ist ungewiss. Wir werden weiter berichten. (Barbara Hartmann)

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