Bundesverfassungsgericht: Street Art wird als Kunstform anerkannt

  • Mit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ist Straßenfotografie als vom Grundgesetz geschützte Kunstform anzusehen.

    Der Ostkreuz-Fotograf Espen Eichhöfer hatte im Sommer 2015 Verfassungsbeschwerde eingereicht, die das Gericht nicht angenommen hatte.

    Grund für die Beschwerde war ein Beschluss des Kammergerichts. Eine Frau hatte gegen die Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts geklagt, weil sie auf einem Bild, das in einer Ausstellung ausgehängt war erkannt hatte. Sie verlangte von Eichhöfer eine fiktive Lizenzgegühr und eine Geldentschädigung. Der Frau wurde weder die Lizenzgebühr, noch die Geldentschädigung zugesprochen. Allerdings wurde ihr Anspruch auf die Erstattung ihrer Anwaltskosten zur Geltendmachung ihres Unterlassungsanspruchs gewährt. Das Foto in der Ausstellung zu zeigen, habe ihr Persönlichkeitsrecht rechtswidrig verletzt. Eichhöfer erhob Verfasssungsbeschwerde und berief sich auf die grundgesetzlich geschützte Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG).

    Das Bundesverfassungsgericht hob die Entscheidung des Kammergerichts nicht auf.

    In seiner Urteilsbegründung erkennt das Bundesverfassungsgericht allerdings das Foto als Kunstwerk und die Straßenfotografie als Kunstform an, die in den Bereich der Kunstfreiheit fällt.

    Als „stukturtypisches Merkmal der Straßenfotografie“ sieht dasBundesverfassungsgericht die „ungestellte Abbbildung ohne vorherige Einigung“ an.

    Nach Ansicht von Sebastian Graalfs, des Rechtsanwalts Espen Eichhöfers, folgt daraus, „dass künstlerische Straßenfotografie nicht allein deshalb als rechtswidrig angesehen werden kann, weil keine Einwilligung der Abgebildeten vorliegt“.

    Außerdem führte das Gericht aus, „dass es mit der Kunstfreiheit nicht zu vereinbaren wäre, ihren Wirkbereich auf Galerien, Museen oder ähnlich räumlich begrenzte Ausstellungsorte zu begrenzen.“

    Das Kammergericht habe in seinem Urteil nicht die Bedeutung und Tragweite der Kunstfreiheit verkannt, weil es „die Schwere der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin aus der Art der Präsentation des Bildes als großformatigem Blickfang an einer öffentlichen Straße hergeleitet habe“ und „die Präsentation auf einer großformatigen Stelltafel an einer der verkehrsreichsten Straßen einer Millionenstadt zum zentralen Punkt seiner Abwägung“ gemacht habe.

    Rechtswanwalt Sebastianb Graalfs kritisiert als kritikwürdig, dass die Art der Präsentation als maßgebliches Kriterium herangezogen wird. „Alle mir bekannten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu dem Verhältnis der Kunstfreiheit und des Persönlichkeitsrechts haben für die rechtliche Beuirteilung in erster Linie auf dessen Inhalt bzw. dessen Gehalt abgestellt, beispielsweise darauf, dass ein Kunstwerk ehrverletzend sei oder die Intimsphäre eines Betroffenen verletze. Dass sich die Rechtswidrigkeit der Ausstellung eines Kunstwerks jedoch maßgeblich aus dem Grad seiner Sichtbarkeit ergibt, halte ich für ein zu unbestimmtes und für mein Verständnis der Kunstfreiheit problematisches Kriterium. Denn Kunst lebt von ihrer Sichtbarkeit.“ (Barbara Hartmann)

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