United Archives kauft die Bildarchive der kpa



  • kpa, das berühmte Kövesdi-Bildarchiv? Die Hintergrundstory des Archives ist sehr bewegt, eine echte "Räuberpistole", die einfach auch ein spannendes Schlaglicht über das "Weiterreichen" von Archiven wirft. Eine Story eines Bildarchivs aus analogen Zeiten, die in der frühen Ära der digitalisierten Welt so richtig Fahrt aufnimmt, in der Banken, Gerichte, Venture Capital-Heuschrecken und ungeduldige Kunden eine wichtige Rolle spielen…

    Doch zuerst die historischen Fakten: Von 1954 bis 1998 entstanden in der Kövesdi Presse Agentur – kurz kpa – Bildarchive, die redaktionell die Themen Film und Fernsehen in der Presse unterstützten. 1998 verkaufte die Familie Kövesdi das Unternehmen. Das Archiv selbst wechselte den Eigentümer in den folgenden 20 Jahren mehrfach – freiwillig und unfreiwillig.

    Nun erwarb die Köllner United Archives GmbH nicht nur das kpa Archiv mit allen Rechten vom derzeitigen Eigentümer, der Eureka Images UG, sondern darüber hinaus auch drei Fotografenteilnachlässe, die von Erich Andres, Helmut Reiss und Arthur Grimm.

    Das Archiv trifft nun in der United Archives auf „alte Bekannte“, mit denen es mal im Wettbewerb stand: Im Portfolio der UA befinden sich schon die Bildarchive der IFTN (International Film- and Television News), Impress Images, Gruner&Jahr Entertainment Media. Selbst personell gibt es eine Kontinuität: Christine Schwarz, von Anfang an bei United Archives dabei, hat viele Jahre bei Kövesdi in München gearbeitet und kennt das Archiv und seine Systemantik sehr gut.

    Damit könnte unsere Meldung zu Ende sein. Aber dann würden wir die "eigentliche Story" ja verpassen!

    Stefan Hartmann befragte Frank Golomb, Geschäftsführender Alleingesellschafter und Gründer der UA, zu seiner Sicht der Geschichte der kpa seit 1998.


    Pictorial: Herr Golomb, ganz spontan: Was bedeutet kpa für Sie?

    Frank Golomb: Im Grunde ist das Thema kpa für mich Synonym einer 20 jährigen Odyssee, die nun vorbei ist.

    1998 kaufte ich die Firma Kövesdi Presse Agentur GmbH mit Sitz in Berlin über eine Gesellschaft, an der ich eine Minderheitsbeteiligung hatte. Dies deshalb, weil wir dringend eigenes Bild-Material brauchten, um von Zulieferern unabhängiger zu werden, die uns damals links und rechts weggekauft wurden von Getty und Corbis und danach im Portfolio fehlten.

    Pictorial: Es war die Zeit der beginnenden Digitalisierung. Archive gab es, aber nur wenige Unternehmen - sie haben Sie oben ja angedeutet - hatten die notwendigen finanziellen Reserven, die analogen Archive auch digital aufzubereiten und als Files auszuliefern.

    Frank Golomb: Ja, wir mussten bald feststellen, dass die kpa digital sehr schlecht aufgestellt war und die Verlage als Kunden viel schneller digital arbeiteten wollten, als wir dachten und konnten.

    Pictorial: Ja, es war eben eine Umbruchzeit! Die Bildkunden erkannten sehr schnell, dass die Digitalisierung ihnen klare Vorteile bot: In der Geschwindigkeit der Beschaffung, aber auch im Handling der Motive. Auf der Produzentenseite - Agenturen und Fotografen - dagegen wurde immer noch analog gearbeitet und auch "analog gedacht". Kunden forderten Files, aber die Fotografen lieferten immer noch Dias an die Agenturen, die dann erst dort digitalisiert wurden. Mit Scannern.

    Frank Golomb: Wir brauchten also Kapital, um eine schnellere Digitalisierung voranzutreiben. Das wurde uns 7-stellig im Jahr 2001 von einer Venture Capital-Gesellschaft vertraglich zugesagt unter der Bedingung, dass wir das Archiv aus der nun umbenannten kpa photo archive GmbH herauslösen und in eine Aktiengesellschaft einbringen.

    Das wurde gemacht, kurz danach wollte die VC-Gesellschaft von ihren vertraglichen Verpflichtungen nach einer kleinen Anzahlung nichts mehr wissen. Wir standen wirklich ratlos im Regen mit über 40 festangestellten Mitarbeitern und geleaster Technik.

    Pictorial: Damals waren Sie ja nicht die Einzigen! Ich erinnere mich, dass so einige Agenturen von "Investoren" und VC-Gesellschaften in den Sand gesetzt wurden. Wie geht es dann weiter?

    Frank Golomb: Also musste das Steuer erneut herumgerissen werden und andere Wege wurden gesucht. 2003 gab es einen Gesellschafterwechsel und ein Investor übernahm 62 % der Aktien und finanzierte - klassisch als Heuschrecke – über Bankkredite, die auch seinen Kaufpreis für die Anteile enthielten - und die Gesellschaft entsprechend belasteten…

    Pictorial: Ja, alles fressende Heuschrecken! Es kam dann in der Branche mehrmals zu dem absurden Fall, dass man Agenturen - auf Kredite gestützt - sogar möglichst teuer kaufte, weil dann der Gesamtgehalt, das Portfolio, des Investor-Unternehmens damit entsprechend anstieg. Befeuert wurde der Hype durch Zitate zum Beispiel von Mark Getty von Gettyimages: "Geistiges Eigentum ist das Öl des 21. Jahrhunderts!" Die Banken haben es tatsächlich geglaubt, wollten am neuen "Öl-Boom" unbedingt teilhaben … und gaben diese Kredite bereitwillig.

    Herr Golomb, jetzt müssen wir die Story splitten! Was taten Sie - und was taten die Investoren im Hintergrund?

    Frank Golomb: Einhergehend damit kaufte ich 2003 alle Anteile des alten untätigen GmbH-Mantels der kpa als Privatmann und machte damit erstmal – nichts.

    Fast 2 Jahre lang von Mitte 2005 über 2006 bis 2007 hielt der in der Industrie gut vernetzte Sheldon Marshall 62%…

    Pictorial: … der Brite - er starb im Dezember 2017 - war eine Legende in der Branche! Sein Verkauf der Visual Communications Group an Getty Images im Jahr 2000 gilt bis heute als einer der dicksten Coups in der Bilderbranche überhaupt. Damals übernahm Getty mit einem Schlag 8 Agenturen, die unter dem Dach der VCG vereint waren, als Preis wurden unglaubliche 220 Millionen $ kolportiert … Und Marshall gründete ein neues Unternehmen namens ImageState, später ging er zu Heritage Partners …

    Frank Golomb: … ja, Sheldon Marshall hielt diese 62%, gab diese aber 2007 zurück. Die finanziellen Belastungen zur Bedienung laufender Kredite waren auf Dauer für das Unternehmen viel zu hoch, 2008 in der Subprime-Krise drehte die Bank der Gesellschaft den Geldhahn zu und forderte im Übermaß Finanzierungen zurück, weil sie selber wackelte.

    2009 kam dann unabänderlich die Insolvenz der AG und das Verfahren dauerte bis 2018, ungewöhnlich lang.

    Pictorial: Aber da waren Sie ja nicht mehr an Bord.

    Frank Golomb: Richtig! Bereits Mitte 2008 hatte ich diese Gesellschaft verlassen, die nicht mehr unter halbwegs planbaren Umständen zu leiten war, und habe die United Archives entwickelt und nutzte dazu den alten Mantel der kpa photo archive GmbH, umbenannt in United Archives GmbH. Ich habe versucht, alle Fehler der Vergangenheit in dieser neuen Firma zu vermeiden.

    Pictorial: Nur, wie ging es weiter mit dem Content, den Bildern des Kövesdi-Archivs?

    Frank Golomb: Im Verfahren über die AG selbst wurde 2016 das kpa Archiv an eine Gesellschaft veräußert, die eigens zu diesem Zweck gegründet wurde. Die Gesellschafter der Eureka UG sind zumeist Anwälte und sie bemerken schnell, dass ein Archiv ohne KnowHow schwer zu führen ist. Aber sie taten das, was sie können – die Gerichte anrufen. Sie dachten sich wohl, mit der UA das passende Unternehmen zum Archiv gefunden zu haben und produzierten Kosten, sehr hohe Kosten.

    Nach einem langwierigen, fast 2 jährigem Rechtsstreit mit dieser Gesellschaft konnten wir jetzt – nicht zuletzt durch unser KnowHow und strategische Käufe von exklusiven Rechten gehebelt, die Archive übernehmen.

    Pictorial: Wie das?

    Frank GolombWir haben den Umsatz, den Eureka machte, einfach abgestellt, indem wir unsere Rechte geltend machten. Es war somit am Ende eine sehr aggressive Übernahme, bei der die Verkäuferin auch nicht mehr viel Verhandlungsspielraum hatte.

    Dieser Weg war anfangs nicht gewollt, in der Nachbetrachtung und vor dem Hintergrund des Ausgangs war es ein Abenteuer, das ich nicht vergessen werde.

    Pictorial: Also unterm Strich: Das kpa Archiv ist nun wieder in seinem alten Mantel und ein weiterer Teil der United Archives.

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