BVerfG: Gemälde „Rapunzel 4“ darf wieder gezeigt werden

  • Die Künstlerin Julia Wegat portraitierte auf dem Gemälde „Rapunzel 4“ mit dem Einverständnis der Eltern ein blondes Mädchen aus ihrer Nachbarschaft mit rotem Gips. Das Bild wurde 2013 in Wegats Ausstellung „Märchenbilder“ in Halle ausgestellt: Es zeigt ein skeptisch blickendes junges Mädchen an der Schwelle zur Pubertät im roten Tanktop, das mit dem rechten Arm seinen eingegipsten rechten Arm abstützt.

    In einer katholischen Wochenzeitschrift erschien unter dem Titel „Öffentlichkeit für ein Tabuthema“ eine Besprechung der Ausstellung, in der auch „Rapunzel 4“ abgebildet wurde. Die Bilder „erzählen von Missbrauch, Gewalt, Verlassenheit und Sehnsucht“, so behauptete der Artikel.

    Die Familie des Mädchens verlangte daraufhin, dass die Künstlerin das Bild nicht mehr öffentlich zeigen dürfe. Sie klagte vor dem Amtsgericht Halle und bekam Recht. Wegat verlor auch den Berufungsprozeß vor dem Landgericht Halle. Die „Zuordnung einer bestimmten Person zu dem Themenkreis des Kindesmissbrauches“ berühre „in hohem Maß dessen persönliche und familiäre Identität“, heißt es im Urteil. Wegat meint dazu, sie selbst habe das Mädchenbild nie in den Zusammenhang mit Kindesmissbrauch gebracht.

    Nach ihrer Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht darf das Gemälde nun wieder gezeigt werden, wenn es nicht in einen Zusammenhang mit Missbrauch und Gewalt gerückt werde. Das Ausstellungsverbot von „Rapunzel 4“ sei eine „unverhältnismäßige Beschränkung der Kunstfreiheit“ . Das Bundesverfassungsgericht verwies die Sache zurück an das Landgericht Halle.

    Unabhängig von der juristischen Seite: Julia Wegat war - nachdem das Bild mit Kindesmissbrauch in Zusammenhang gebracht worden war - im Internet, in Briefen und Telefonanrufen beschimpft und bedroht worden. Sie hatte ihr Atelier aufgelöst und das Malen aufgegeben. Ob sie nun wieder malen wird, weiß sie noch nicht. (Barbara Hartmann)

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