LG Berlin: Porträt einer Demonstrantin darf im Rahmen eines Aktionskunst-Beitrags im Internet gezeigt werden

  • Bei einer Auseinandersetzung am Rande des Chemnitzer Stadtfestes im August 2018 wurde ein Mann tödlich und zwei weitere schwer verletzt. Bei den von Rechten und rechtsextremen Gruppen aufgerufenen Demonstrationen - aufgrund des Migrationshintergrundes der mutmaßlichen Täter - kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen.

    Auch die Klägerin hatte an einer der Demonstrationen teilgenommen und ihre Teilnahme mit einem Video dokumentiert, in dem sie gut erkennbar in die Kamera spricht. Das Video hatte sie selbst im Internet veröffentlicht.

    Das Zentrum für politische Schönheit (ZPS) hatte im Dezember 2018 dazu aufgerufen, Teilnehmer bei den Ausschreitungen in Chemnitz über eine Bilddatenbank zu identifizieren und bei ihren Arbeitgebern zu melden.

    Es wurden Porträt-Bilder veröffentlicht, darunter auch das Bild der Klägerin, entnommen aus dem von ihr im Internet veröffentlichten Video. Unter dem Bild konnte abgestimmt werden, wie „rechts“ die Abgebildete sei. Mittlerweile schaltete das ZPS die Webseite ab: Sie habe als „Honeypot“ gedient, um die in die Suchfunktion der Seite eingegebenen Daten auszuwerten.

    Die Frau ließ das Zentrum für politische Schönheit abmahnen und forderte eine Geldentschädigung von 7.000 Euro: Sie sei völlig anlasslos als „Rechte Person“ dargestellt worden.

    Das LG Berlin wies ihre Klage als unbegründet ab. Ihr stehe kein Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung ihres Bildes auf der ZPS-Seite zu. Diese sei im Rahmen der Kunstaktion zulässig gewesen (LG Berlin, Urteil v. 31.10.2019, 27 O 185/19).

    Zur Begründug: Die Internetseite sei Teil einer Kunstaktion des Künstlerzusammenschlusses Zentrum für politische Schönheit. Sie sei „eine freie schöpferische Gestaltung des Künstlerkollektivs, in der Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse der Künstler durch das Medium einer bestimmten Formensprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden.“ Es sei für den Betrachter der Seite offensichtlich, dass es sich um eine Kunstaktion handele.

    Eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung sah das Gericht durch die Veröffentlichung des Portraits nicht gegeben. Die Bildaussagen seien zutreffend und beträfen die Sozialsphäre der Klägerin. Dass sie an der Demonstration in Chemnitz teilgenommen habe, sei zudem ja eine wahre Tatsachenbehauptung. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Klägerin das Video, aus dem das Porträtfoto entnommen wurde, selbst im Internet veröffentlicht hatte.

    Aus der Summer der Gründe heraus habe sie keinen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes. (Barbara Hartmann)

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