BGH: Streit um Szenen aus dem Film "Die Auserwählten"

  • Der Bundesgerichtshof hat die Unterlassungsklage eines vormaligen Schülers der Odenwaldschule zurück gewiesen, der sich gegen die Verbreitung von Filmszenen aus „Die Auserwählten“ zur Wehr gesetzt hatte. Der Hintergrund des Streites ist eine menschliche Tragödie, war der Kläger doch Opfer von sexuellem Mißbrauch an der hessischen Schule. Im Jahr 2011 veröffentlichte der Kläger ein autobiographisches Buch, in dem er die Geschehnisse schilderte.

    Diese Mißbrauchsfälle von Schülern durch den Schulleiter und verschiedene Lehrer des Internates greift der Film auf, wobei der Kläger als Vorbild für die zentrale Filmfigur zu erkennen ist. Der Kläger, der eine Mitwirkung an dem Film im Vorfeld abgelehnt hatte, hält dies für einen unzulässigen Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht und sein Recht am eigenen Bild. Er begehrte, die weitere Verbreitung der entsprechenden Filmszenen zu unterlassen.

    Diese Klage wies der BGH zurück (Urteil vom 18. Mai 2021 – VI ZR 441/19 ) und folgt damit den Vorinstanzen.

    Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe wurde damit begründet: "Der Kläger kann sein Unterlassungsbegehren nicht auf sein Recht am eigenen Bild stützen. Der Senat hat eine insoweit in Rechtsprechung und Literatur umstrittene Rechtsfrage dahin entschieden, dass eine als solche erkennbare bloße Darstellung einer realen Person durch einen Schauspieler in einem Spielfilm kein Bildnis der dargestellten Person i.S.d. § 22 Satz 1 KUG ist.

    Dieser Schutz steht im Falle der als solche erkennbaren bloßen Darstellung einer Person durch einen Schauspieler dem Schauspieler zu, der in diesem Fall auch in seiner Rolle noch "eigenpersönlich" und damit als er selbst erkennbar bleibt. Als Bildnis der dargestellten Person ist die Darstellung dagegen (erst) dann anzusehen, wenn der täuschend echte Eindruck erweckt wird, es handele sich um die dargestellte Person selbst, wie dies etwa bei dem Einsatz eines Doppelgängers oder einer nachgestellten berühmten Szene oder Fotografie der Fall sein kann.

    Der Anspruch ergibt sich bei der gebotenen kunstspezifischen Betrachtungsweise auch nicht aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrechts desKlägers. Zwar ist der Kläger durch die ausgeprägten Übereinstimmungen zwischen seinem Schicksal und der Darstellung der entsprechenden zentralen Filmfigur in seinem Persönlichkeitsrecht betroffen. Auch verstärkt die in der besonderen Intensität der visuellen Darstellung liegende suggestive Kraft eines Spielfilms diese Betroffenheit.

    Doch wiegt diese Betroffenheit im Ergebnis und unter maßgeblicher Berücksichtigung der von dem Kläger in der Vergangenheit praktizierten Selbstöffnung nicht so schwer, dass die zugunsten der Beklagten streitende Kunst- und Filmfreiheit zurücktreten müsste."

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